In letzter Zeit habe ich gehäuft mit Frauen in meiner Praxis zu tun, die schon vor längerer Zeit (mind. 5 Monate) entbunden haben und mir sehr unglücklich ihre Bäuche zeigen. Sie erzählen, dass sie zwar viel Sport betreiben, aber ihr Bauch trotzdem unförmiger und größer wird. Es fällt ihnen schwer sich zu motivieren. Sie finden sich weder hübsch noch gesund und fühlen sich vom Aussehen ihres Bauches her als wären sie wieder in der 20. Woche schwanger.
Vorweg möchte ich allen Mut machen und sagen, es ist fast immer die Ausnahme und ein Glück bald nach der Geburt einen flachen Bauch zu haben.
Ein flacher Bauch bedeutet definitiv nicht, dass er stabil in seiner Funktion ist.
In diesen Zusammenhang sind mir 2 Bereiche wichtig:
1. Rectusdiastase
darunter versteht man den Spalt der sich zwischen den 2 Strängen der geraden Bauchmuskulatur (Rectus abdominis) der sich während der Schwangerschaft ausbildet, um dem wachsenden Baby Platz zu geben. Zwischen den Strängen befindet sich eine Sehnenplatte (Linea alba), die diese normalerweise zusammen hält. Diese ist nach der Geburt weicher und breiter. Nach der Geburt wird die Rectusdiastase gemessen und in Fingerspitzenbreite angegeben. Gezielte Übungen helfen nicht nur die tiefen, schrägen und geraden Bauchmuskeln zu stärken und wieder zusammenzuführen sondern auch die Beckenstabilität zu verbessern.
Ich weise wirklich deutlich darauf hin, dass bei jeder Frau nach der Geburt eine Rectusdiastase fest zu stellen ist. Viele Frauen haben damit keine Probleme, sie wissen vielleicht nicht einmal davon und die Diastase bildet sich von alleine wieder zurück.
All dies hängt unteranderem auch von der Genetik ab, von der Gesamtkonstitution des Bindegewebes und wieviel Zeit der Körper nach einer Entbindung für Erholung und Heilung bekommt.
2. Haltung im ersten Jahr nach der Entbindung
Beobachten sie sich: Kann es sein, dass sich ihre Haltung verändert hat? – dass sie verschoben ist?
Der Kopf ist weiter nach vorne geneigt, das Becken nach vorne gekippt, und die Schultern hängen nach vorne. Der Bauch findet keinen Halt und kann kaum aktiviert werden. Durch das Stillen und das Tragen des Kindes wird ihre Brustmuskultur vorne zusätzlich verkürzt und die gesamte Vorderseite benötigt viel Halte-Kraft.
Was passiert im Rücken? Warum schmerzt er?
Die Rückenmuskulatur wird schwächer, verkürzt sich und kann oft nicht die Balance mit der Bauchmuskulatur halten. Meistens ist die Muskulatur am Gesäß auch sehr schwach und man sieht die Frauen dann in einem extremen Hohlkreuz regelrecht „hängen“. Dazu kommt noch, dass auf der Vorderseite der Hüftbeuger, durch seine Verkürzung, die Lendenwirbelsäule noch stärker in ein Hohlkreuz bringt.
Weiters kann man beobachten, dass das Zwerchfell und die Bauchmuskulatur nicht gut zusammenarbeiten. Während das Zwerchfell angespannt ist, ist die Bauchmuskulatur zu schwach somit verkürzt sich das Zwerchfell, die Atmung wird flacher und die Koordination der beiden großen Muskeln funktioniert nicht mehr gut.
Was ist mir hier besonders wichtig zu schreiben:
Es ist nie zu spät damit zu beginnen, mit seinem Körper Rumpfstabilität zu erarbeiten!
Von besonderer Bedeutung ist, mit den richtigen Übungen zu beginnen. Bauen sie zuerst ein solides Fundament mit leichteren Übungen auf und heben sie sich die schwierigeren für später auf. Gemeinsam kann ich mit Ihnen ein entsprechendes Übungsprogramm erarbeiten. Sie werden schon bald die ersten Erfolge durch die verbesserte Stabilität sehen.
Warum ist die Rumpfstabilität auch in anderen Bereichen der Schlüssel zum Erfolg?
In der Praxis habe ich immer wieder mit Patientinnen zu tun die mir berichten, dass ihr Beckenboden einfach nicht hält und sie sich regelrecht undicht fühlen und an Rückenschmerzen leiden.
Dies sind alles Zeichen, dass einerseits der Druck der von oben kommt nicht gehalten werden kann, die Muskulatur zu wenig Kraft hat und die Rumpfstabilität in seiner Funktionalität gestört ist.
Zu diesem Thema Rumpfstabilität gibt es eine tolle Abbildung in einem Anatomie Lehrbuch. Man sieht was für ein regelrechtes Wunderwerk diese Muskulatur ist und welche Kraft und Bedeutung sie für den Halteapparat hat.
Bildquelle: Thieme, Verspannungssystem Bauchwandmuskulatur
Was ich hier verdeutlichen möchte, ist das Verspannungssystem ihrer Bauchwandmuskulatur. Hier erkennt man die schrägen, die geraden und die tiefen Bauchmuskeln, sowie die Linea Alba in der Mitte.
Die Linea Alba ist die Sehnenplatte, die wie oben erwähnt nach der Schwangerschaft überdehnt ist. Sinnvoll ist es zuerst das Fundament zu bauen, d.h. mit dem Aufbau der tiefen Muskulatur zu starten. Diese soll aktiviert werden. Sie sehen in der Abbildung oben den M. transversus abdominis der zur tiefen Bauchmuskulatur gehört. Erst im Anschluss daran macht es Sinn sich den schrägen und geraden Bauchmuskeln zu widmen.
Im Hinblick auf das Zusammenspiel mit dem großen Zwerchfellmuskel (Diahragma) wird dieser auch immer im Rahmen der Therapie in die Übungen eingebaut.